Ich will nicht lernen – oder:

Muss ich jetzt erwachsen werden?

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Heute möchte ich Dir etwas erzählen, was mir mit unserem Kind passiert ist. Es ist zwar bereits einige Zeit her, doch es ist eine Begebenheit, die mich sehr nachdenklich gestimmt hatte und mich immer noch beschäftigt…

Unsere Tochter und ich waren im Auto unterwegs gewesen. Wir unterhielten uns und kamen im Gespräch auf das Thema Lernen und Interessen haben, als sie plötzlich ruhig wurde.

Sie wirkte in sich gekehrt, nachdenklich. Auf mein freundliches Nachfragen reagierte sie erst ausweichend und ablehnend. Doch dann sagte sie etwas, dass mich einerseits irritierte und mir andererseits ein Licht aufgehen ließ.

Unsere Tochter antwortete mir:

„Mama,

ich lerne nicht so gerne, weil ich dann das Gefühl habe, schneller erwachsen zu werden!“

Bumm! Das hatte gesessen! Hatte ich das richtig verstanden?

Unser Kind fühlte sich weniger als Kind, je mehr es lernte?!

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Ob Kinder vielleicht öfter solche oder ähnliche Gedankengänge haben?

Ich erinnere mich noch gut, dass ich als junges Mädchen auch lieber noch „Kind“ sein wollte. Ich wollte spielen. Unbefangen und ohne Druck. Einfach so.

Doch mein Umfeld erwartete von mir schon ein gewisses „Erwachsen sein“. Meine Familie, die Schule, die Verwandtschaft. Dies war mir oftmals total unangenehm und überforderte mich. Doch ich wollte ja gefallen, dazugehören. Und dafür musste ich mich anpassen… Irgendwie.

Deshalb hatte ich mich natürlich angestrengt – und mich verbogen!

Leider hatte ich dadurch auch sehr lange Zeit das Gefühl, zu wenig Kindheit gehabt zu haben. Immer wieder fühlte es sich an, als hätte ich was versäumt. Dies hatte mich immer traurig gemacht… Und ist mir heute noch in Erinnerung.

Doch gleichzeitig war ich immer sehr neugierig. Saugte alles Mögliche auf. Hauptsache meine Fragen fanden eine Antwort. Eben auch als Kind!

Doch unser Kind ist nicht Ich!

Als nun unsere Tochter mir ihre Gefühle schilderte, hatte ich regelrecht ein schlechtes Gewissen.

Machten wir ihr doch zu viel Druck? Erwarten wir vielleicht doch zu viel von ihr? Fühlte sie sich zu wenig verstanden?? Machte ich dieselben Fehler, wie meine Eltern??

Wenn, dann selbstverständlich unbewusst und unbeabsichtigt. Doch es wäre ja trotzdem Druck…. Oh je. Furchtbare Vorstellung!

Doch wenn ich so darüber nachdachte, fand und finde ich nicht, dass wir Druck ausüben. Und dies meine ich nicht nur so. Mein Mann und ich waren allein schon auf Grund der Schulwahl für unser Kind äußerst entspannt eingestellt. Und auch sonst….

Und trotzdem hat sie dieses Gefühl, dass sie zu schnell erwachsen werden könnte, wenn sie lernt oder mehr weiß?

Wie kann das nur sein?

Hatte sie schlechte Erfahrungen gemacht? Hatte sie irgendeine Bemerkung aufgeschnappt? Woran könnte es liegen?

In meinem Kopf ratterte es…. Und mir kam ein Gedanke:

Vielleicht ist es ja der Wunsch,

erstmal keine Verantwortung übernehmen zu müssen!?

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Vielleicht drückt dieser Gedanke an Verantwortung den Wunsch nach „Wachstum“ erstmal runter?

Vielleicht macht diese Vorstellung Verantwortung zu übernehmen, meinem Kind Angst?

Ich fragte vorsichtig nach und versuchte rauszufinden, ob mein Gedankengang richtig war….

Denn eins steht ja wohl fest: als Erwachsener ist man ständig mit Verantwortungen konfrontiert.

Für sich selber. Für die Familie. Für die Wohnung. Für das Haustier. Die alten Eltern. Das Geschäft oder die Angestellten. Den Arbeitsplatz. Die Kollegen. Die Gesundheit, ach und noch vieles mehr…

Und ein Kind bekommt dies auch mit, ob es will oder nicht!

Es zeigt sich – auch in Bemerkungen und Verhalten gegenüber dem Kind.

Auch gegenüber Deinem Kind.

Wenn Du ehrlich zu Dir bist, hast Du eine Vorstellung davon, wie Dein Verhalten und wie Deine Worte auf Dein Kind wirken könnten?

Dazu stelle Dir mal vor, wie Du mit Verantwortung umgehst.

Völlig selbstverständlich oder stellst Du sie eher in den Mittelpunkt?

Betonst Du, wieviel Verantwortung Du trägst oder gibst Du zu verstehen, dass die Anderen doch bitte auch Verantwortung übernehmen sollen?

Empfindest Du Verantwortung, wofür oder für wen auch immer, eher unangenehm oder eher bereichernd?

Nun, wie auch immer Du dich verhältst, Dein Kind wird zwangsläufig dadurch mitgeprägt!

Unserem Kind ist es genau so ergangen! Leider…. Doch es war passiert.

Ich habe es nicht bedacht und nicht wirklich mitbekommen. Unser Kind verknüpfte das vermehrte Lernen mit mehr Verantwortung und dadurch automatisch, mit einem Verlust des Kindseins….

Gut, dass ich es endlich erfuhr!

Doch wie ist das nun mit dem Wunsch,

möglichst lange Kind bleiben zu können?

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Ist dieser Wunsch nicht allzu menschlich? Versucht unsere Gesellschaft nicht viel zu sehr unsere Kinder möglichst schnell „groß“ werden zu lassen?

Wozu also noch mehr Verantwortung aufbürden?

Wozu noch mehr Druck ausüben?

Weißt Du eigentlich überhaupt, wie Dein Kind sich mit dieser Herausforderung „älter und reifer“ zu werden, fühlt?

Hast Du Deinem Kind diese oder eine ähnliche Frage überhaupt schon mal gestellt? Bist Du schon mal auf die Idee gekommen, es zum Thema zu machen?

(Zugegeben, dies ist keine Frage für zwischendurch. Hierfür solltest Du unbedingt den richtigen Zeitpunkt, die richtige Situation abwarten. Schließlich willst Du Dein Kind ja nicht komplett verwirren oder es unter Druck setzen mit solch einer Frage.)

Doch die Antwort könnte für Dich und den Umgang mit Deinem Kind sicherlich sehr interessant sein. Vielleicht würde Dein Kind Dir etwas sagen können, was Dir Antworten auf das ein oder andere (fragwürdige) Verhalten Deines Kindes gibt.

Vielleicht würdest Du manche „Lernschwierigkeit“ bei Deinem Kind viel besser verstehen. Oder Dein Kind kommt so überhaupt dazu, darüber nachzudenken, ob es schon „groß“ werden will.

Vielleicht ist es erleichtert, darüber sprechen zu können.

Und im Idealfall spricht es mit Dir darüber….

Dein Kind benötigt in solch einem wunderbaren kostbaren Moment selbstverständlich keine Erklärungen oder Abhandlungen zum Thema Erwachsenwerden oder Verantwortung übernehmen.

Es braucht lediglich das Gefühl, dass es genau richtig ist. So, wie es ist!

Mit seinen Bedürfnissen, mit seinen Gefühlen, in seiner Unreife!

Und Du kannst genau dieses Gefühl Deinem Kind geben. Damit es erfährt, dass Beides sein kann. Es braucht kein „Entweder – oder“!

Dein Kind darf emotionale und geistige Reifwerdung erleben und erfahren, ohne etwas wirklich verlieren zu müssen! Schon gar nicht seine Kindlichkeit.

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Ganz gleich wie emotional reif oder unreif Dein Kind gerade ist!

Dein Kind braucht die Gewissheit, dass es in Ordnung ist, sich noch wie ein Kind zu fühlen und zu verhalten. Auch, wenn es nicht wie ein Kind behandelt werden möchte!

Nachdem unsere Tochter mir ihre Gedanken und Gefühle mitgeteilt hatte, ließ ich sie wissen, dass ich ähnliche Gefühle als Heranwachsende hatte. Und ich sagte ihr auch, dass sie alles werden kann in ihrem Leben, was sie möchte! Dass ihr alle Möglichkeiten offenstehen.

Auf einem anderen Weg, als für andere Menschen vielleicht.

Doch, dass sie dies ja schon von mir und ihrem Papa kennt. Wir sind schließlich auch zu unseren Zielen gekommen – auf Umwegen und außerhalb des immer noch Üblichen. Doch wir gehen unseren Weg.

Und dies ist ihr auch möglich! Ich versicherte ihr, dass sie ihn ihrem Tempo bleiben darf. Und sich sicher sein darf, dass sie so viel und lange Kind sein und bleiben kann, wie sie möchte!

Mir ging es darum möglichst viel Druck von unserem Kind zu nehmen.

Diesen fiesen Druck des Nacheiferns.

Den Druck, besser sein zu müssen.

Den Druck, sich endlich „vernünftig zu benehmen“.

Dieser Druck, erwachsen werden zu müssen….

Und genau dies ist ja schließlich die Aufgabe von uns Mamas und Papas:

Nicht noch Druck aufbauen, sondern Druck rausnehmen!

Nimm Deinem Kind den Druck. Eben kindgerecht und mit dem Blick auf die Bedürfnisse Deines Kindes gerichtet. Ganz gleich wie alt Dein Kind ist!

Vielleicht nimmst Du den Druck Deines Kindes gar nicht als Druck wahr? Vielleicht erscheint er Dir gar nicht so stark, wie für Dein Kind? (Wie menschlich – schließlich weiß ich, wovon ich schreibe!)

Dann ist ja vielleicht gerade jetzt ein guter Moment für Dich, sich damit auseinander zu setzen….

Denn eben in Zeiten (so wie jetzt auch), in denen besonders viel Druck von außen ausgeübt wird, ist es besonders wichtig, dass Du einen Blick darauf hast, den Druck, die vermeintliche große Verantwortung von Deinem Kind zu nehmen.

Je weniger Dein Kind Druck verspürt, ganz gleich aus welcher Richtung, umso mehr kann es entspannen. Und diese Entspannung sorgt zu einem großen Teil mit dafür, dass Dein Kind sich emotional gesund entwickeln kann.

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Erinnere Dich möglichst oft daran, dass Dein Kind eben noch ein Kind ist.

Ganz gleich, ob es bereits schon so groß und reif wirkt und Du dadurch vielleicht manchmal denkst, es bräuchte Dich kaum noch. Ganz sicher verspürt es diese kindlichen Bedürfnisse viel öfter, als Du ahnst….

Nimm Deinem Kind den Druck, wann immer es möglich ist und wann immer Du spürst, dass es dies gerade braucht! Ganz besonders jetzt – in diesen, für Dein Kind, so unsicheren Zeiten!

Mich hatte die Situation mit unserem Kind nachdenklich gestimmt.

Eben auch, weil ich überhaupt nicht auf diese gedankliche Verbindung gekommen war. Bei mir hatte es einiges angestoßen. (Nicht nur den Wunsch einen Blogartikel darüber zu schreiben und dieses Erlebnis zu teilen.)

Nein, es hatte mir mal wieder gezeigt, dass auch ich zu wenig offen war gegenüber den anderen Zusammenhängen zum Thema „Nicht-Lernen-Wollen“.

Nun, ich bin sehr dankbar, dass wir dieses Gespräch hatten und sich unser Kind mir anvertraut hat!

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Sie wirkte nach diesem Gespräch erleichtert. Entspannter halt. Und vor allem wurde sie mit der Zeit viel aufgeschlossener gegenüber dem Thema „Verantwortung übernehmen“.

Es klingt verrückt, doch mit zunehmender Zeit konnte sie immer deutlicher werden, worum sie sich gerne kümmern würde, was sie gerne wissen und können würde. Und auch das Thema „älter und reifer werden“ war nicht mehr so negativ behaftet.

Sie spielt und ist ausgelassen kindlich. Und sie darf langsam aber sicher, in die Richtung der jugendlichen Vorzüge gehen. Alles genau so, wie die Natur es ursprünglich vorgesehen hat!

Und wie geht es Dir, wenn Dein Kind Dir seine Gedanken mitteilt?

Wie reagierst Du?

Hörst Du zu oder argumentierst Du?

Bist Du einfühlsam und still oder versuchst Du zu überzeugen?

Kannst Du es verstehen oder willst Du es belehren?

Nimm Deinem Kind den Druck, dass es bereits Verantwortung übernehmen muss, wie ein Erwachsener. Davon ist es noch weit weit entfernt!

Sorge dafür, dass Dein Kind noch möglichst lange kindlich sein und bleiben darf.

Beides braucht Dein Kind für die emotionale Entwicklung. Bis weit in die Adoleszenz hinein….

Ja, es gibt keine Abkürzung oder ähnliches. Es braucht alles Zeit, auch und erst recht Dein Kind.

Denn Dein Kind entscheidet, wann es reifen kann,

nicht Du oder die Gesellschaft!

Und denk immer daran:

Du bist das Beste, was Deinem Kind passieren kann –

jeden Tag!

Herzlichst

Deine

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Kennerin der sensiblen Kind- Eltern- Beziehung, Eltern- Motivatorin und Coach.

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